Aussagekräftige Fresken

Bergkirchen im Val Rendena

"Io sont la Morte che porto corona, sonte signora de ogni persona at cossa fiera forte et dura che piasso le porte et utre le mura et sono quella che fa tremmare el mondo...". 

(„Ich bin der Tod und trage die Krone, bin Herr über alle, so grausam, hart und stark, dass ich durch Türen und Mauern gehe, und bin der, der die Welt erzittern lässt...“) 

Diese Schrift prangt auf dem Banner, das ein hämisch grinsendes Totengerippe hochhält. Es scheint zu tanzen, während es eine Schar von Adligen und Prälaten ihrem Schicksal entgegen führt. Angetrieben von den Pfeilen des Todes, der auf einem Pferd reitend seinen Bogen spannt.  

Wir stehen vor den Außenmauern der Kirche San Vigilio in Pinzolo, und bewundern ein perfekt erhaltenes Fresko von Simone II. Baschenis aus dem 16. Jh. Ganz in der Nähe verläuft die Straße, aber hier hört man nur das Rauschen des Windes und spürt die frische Bergluft des Val Rendena.  

Die Darstellung zeigt einen Totentanz („Makabertanz“), eine traditionelle Darstellung in der religiösen Ikonographie jener Zeit, das die Gläubigen zum Nachdenken über die Vergänglichkeit des Lebens anregen sollte. Ein allgegenwärtiges Thema in diesen Bergregionen, wo man jedes Mal im Gottvertrauen in den Wald ging, um zu jagen oder auch nur, um Holz zu sammeln. 

Hier beginnt unsere kleine Rundreise zu den Kirchen des Trentino. 

Val Rendena - Pinzolo - Chiesa di San Vigilio

Kirche San Vigilio, Pinzolo

Nachdem man die Fresken an der Außenwand dieser kleinen Dolomitenkirche betrachtet hat, kann man im Inneren noch weitere Fresken der Baschenis bewundern. Das war der Name einer aus den Bergtälern bei Bergamo stammenden Künstlerfamilie, deren Mitglieder zwischen dem 15. und 16. Jh. viele Kirchen im westlichen Trentino mit Fresken versah.  

Ein Generationenwerk, das sich über einen Zeitraum von fast hundert Jahren erstreckt, wenn man bedenkt, dass die Werke Antonio Baschenis gegen Mitte des 15. Jh.s im Trentino tätig war, während die Fresken von Simone II. auf die 1630er Jahre zurückgehen. 

Doch kehren wir zurück in die Kirche. An der Südwand kann man einen Freskenzyklus von Angelo Baschenis bewundern, der das Leben Christi darstellt. Es handelt sich um eine Armenbibel (biblia pauperum), d.h. Bibelszenen werden als Bilderreihe fast wie ein Comic veranschaulicht, um auch für Menschen, die nicht lesen konnten, verständlich zu sein. 

Wunderschön sind auch die Fresken, die in 26 Szenen das Leben des hl. Vigilius erzählen, und die in der Apsis, ein Werk von Simone II Baschenis, das einen von Heiligen und Seligen umgebenen, segnenden Christus zeigt. 

Val Rendena - Pinzolo - Chiesa di San Vigilio

Friedhofskirche Santo Stefano, Carisolo

Wir bleiben im Val Rendena, um eine weitere kleine Bergkirche zu besichtigen, die ebenfalls mit tadellos erhaltenen Fresken geschmückt ist. 

Auch hier empfängt uns an der Außenwand ein Totentanz, begleitet von einer Allegorie der sieben Todsünden, die wiederum von Simone II. Baschenis stammt. Darunter erzählt eine schöne Reihe von Gemälden das Leben des hl. Stephan. 

Eine Besonderheit dieser Kirche ist jedoch ein Fresko von Simone II. in ihrem Inneren: es stellt die Legende vom Durchzug Karls des Großen mit einem Heer von über 4000 Kriegern im Jahr 774 dar. Sein eigentliches Ziel war Verona, um dort die Langobarden zu schlagen, aber während der langen Reise durch das Val Rendena gelang es dem Kaiser, die heidnischen Bevölkerung in den Tälern des Trentino zum Christentum zu bekehren. 

Eine Geschichte zwischen Legende und Realität, über die bei Geschichtsforschenden immer noch keine Einigung besteht: 

Aber es gibt noch ein weiteres Werk, das hier Aufmerksamkeit erregt, nämlich ein Gemälde von Antonio Baschenis aus dem Jahr 1461, das im Seitenschiff der Kirche das letzte Abendmahl darstellt. Darauf fällt ein Detail ins Auge: auf dem Tisch sieht man neben traditionellen Gerichten auch viele Garnelen. Kurioses, aber keineswegs zufällig. Darüber sprechen wir im Artikel über die Kirchen des Val di Non. 

Kirche von Santo Stefano di Carisolo. Die Kirche steht auf einem Granitfelsen. Dahinter klettert der Wald den Berg hinauf: Das Grün der Bäume vermischt sich mit dem der Blätter, die im Vordergrund verschwommen das Bild einrahmen. Auf der Südseite der Kirche, die auf dem Foto verewigt ist, sind in der Ferne Fresken zu erkennen. Die Kirche hat einen kleinen steinernen Glockenturm, und rechts davon ragen drei Holzkreuze hervor.

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Veröffentlicht am 18/03/2025