Il Vino Santo und das vergessene Valle dei Laghi
Wer sich auf die Spuren des kostbaren Vino Santo begibt, lernt den beste Süßwein und gleichzeitig viele Kuriositäten kennen
Liebhaber kennen ihn schon lange. Genießer, die ihn nicht kennen, sollten sich auf seine Spuren begeben. Der Vino Sato aus dem Trentino blickt auf eine lange Geschichte zurück und kann sich mit Stolz eines guten Rufes rühmen. Auch die Juroren der weltweiten Bewegung Slow Food sind vom außergewöhnlichen Geschmack und der besonderen Geschichte des Trentiner Vino Santo überzeugt und haben ihn in die Liste der zu bewahrenden Lebensmittel aufgenommen. Weil er die längste natürliche Trocknungszeit aufweist, nennen ihn die Trentiner auch passito dei passito, und damit als den beliebtesten italienischen Süßwein.
Das Pressen der Nosiola-Trauben für den Heiligen Wein
Weinlese
Der Tradition nach verwendet man für die Herstellung des Vino Santo nur die reifsten und süßesten Nosiola-Trauben. Diese Trauben wachsen ausschließlich in ausgewählten, sonnigen und sehr alten Weinbergen. Sie werden Ende Oktober geerntet und dann zum Trocknen in gut belüfteten Dachböden, auf Matten, den sogenannten Arèle ausgelegt. Die Matten bestanden früher aus Schilfrohr und sind heute aus Metall.
Eintrocknen der Trauben
Die konstanten Winde des Gardasees, wie zum Beispiel die Ora, trocknen die Trauben und sorgen für die Edelfäule (Botrytis cinerea), die dem Vino Santo die besondere Finesse verleiht. Während dieses Prozesses verringert sich übrigens das Gewicht der Trauben um rund 80 Prozent.
Der Tradition nach pressen die Winzer die Trauben in der Karwoche, wodurch sich auch der Name Vino Santo, also heiliger Wein, erklärt.
Der See und die Weinberge von Santa Massenza
Die Reife
Nach der mühsamen Pressung wird der Saft in alte Eichenfässern, die keine Holznoten mehr an den Wein abgeben, abgefüllt, damit er zwei bis drei Jahre fermentieren kann. Übrigens erhält man aus 100 Kilo frischen Trauben nur 15 bis 18 Liter Vino Santo Most.
Anschließend reift der süße Wein sechs bis acht Jahre, bis der einmalige Geschmack erreicht wird. Nach der Abfüllung hat der Vino Santo eine sehr lange Lebensdauer. Er kann bis zu fünfzig Jahre lang gelagert werden.
Wo kann man den Wein verkosten
Wer den Vino Santo direkt am Herstellungsort verkosten möchte, der muss ins Valle dei Laghi reisen. Dieses Gebiet liegt zwischen Trento und dem Gardasee und überrascht mit einem submediterranen Mikroklima. So gedeihen dort nicht nur die weltweit nördlichsten Olivenbäume, sondern auch Steineichen, viele Gemüsesorten, Pflaumen und edle Trauben wie die Nosiola.
Das Zentrum der Vino Santo-Produktion ist des Örtchen Santa Massenza, das in der Nähe des Toblinosees liegt. Seit der Spätrenaissance produzieren die Winzer dort den beliebten Vino Santo, den selbst die Fürstbischöfe der Familie Madruzzo schätzten und den Ort regelmäßig besuchten.
Doch ist Santa Massenza nicht nur für den Vino Santo berühmt. Neben den Vino Santo-Kellereien gibt es dort acht Brennereien, die feinen Grappa und andere Schnäpse brennen. Auffällig ist, dass sich die Namen an den Häusern immer wiederholen, obwohl die Familien nicht miteinander verwandt sind. Bestimmt aber brennen sie alle Grappa.
Das Event
Jedes Jahr im April werden im Valle dei Laghi die autochthone Rebsorte Nosiola und die daraus erzeugten Weine, wie beispielsweise der Vino Santo, mit dem Event „DiVinNosiola" gefeiert. Zehn ereignisreiche Tage mit kulturellen Veranstaltungen, Verkostungen und Augenblicken in der Natur: von der Pressung auf traditionelle Art bis zu Kostproben im Weinkeller.
Ein idyllischer Ort
Santa Massenza liegt am gleichnamigen See. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts verbrachten Urlauber verschiedener Nationalitäten, vor allem Südtiroler, Deutsche und Schweden, dort sehr gerne ihren Ferien und nannten den Ort liebevoll Kleines Nizza. Das änderte sich allerdings, als nach dem Zweiten Weltkrieg am Ufer des Sees ein Wasserkraftwerk gebaut wurde und der Ort seinen Charme weitgehend verlor. Heute kann das Werk besichtig werden.
Schon damals genossen die feinen Herrschaften gerne ein Gläschen Vino Santo, der außerdem als belebend und stärkend galt. Heute besinnen sich Einwohner und Gäste wieder auf die alten Werte dieses vergessenen Örtchens, das zu lange Zeit im Schatten des südlich gelegenen Gardasees stand.
Andere Orte zu entdecken
Denn rund um Santa Massenza gibt es viel zu entdecken. Wie wäre es mit einem idyllischen Spaziergang am Ufer des Toblinosees mit seinem hohen Schilfufer? Oder mit einer Erkundungstour durch das Cavedine-Tal mit seinem hübschen See, auf dem man übrigens sogar Windsurfen kann. Wer zur Roggia di Calavino wandert, läuft auf einem Waalweg an Mühlen und kleinen Wasserfällen vorbei. Und Radler unternehmen gerne eine Tour bis zur römischen Brücke von Ceniga, wo sie sich am Ufer des Flusses Sarca entspannen und in die Sonne legen können.