Die Früchte des Trentiner Winters
Vorräte, Bräuche und Selbstversorgung
Die Auswahl an Grundnahrungsmitteln war im Winter früher recht beschränkt, vor allem in Bezug auf die Früchte der Erde. Um den Hunger zu vertreiben, hatte man hauptsächlich die nach der Herbsternte angelegten Vorräte zur Verfügung. Kastanien wurden zu Mehl, Mais zu Polenta-Grieß vermahlen, Roggen und Weizen als Grundlage für Brühen verwendet und an Festtagen zu kargem Brot verbacken.
Einige konnten sich glücklich schätzen, auf Käsevorräte zählen zu können, und kurz vor Weihnachten wurde dann endlich ein Schwein geschlachtet, für günstiges Fleisch und Würzmittel, die man in den Karnevalstagen miteinander teilte. Das war der Neujahrstag der Bergbauernfamilien, an dem Überfluss an allem herrschte, auch an Lachen, Spielen, und das Schlemmen als glücksbringend für die bevorstehende Aussaat galt.
Eine wichtige Aufgabe bestand darin, das Feuer zu hüten, das unter dem bronzin immer brannte, und ebenso zum Wärmen diente wie zum Kochen der täglichen Mahlzeiten. Wie der Name verrät, war der bronzin war ein großer Bronzekessel, der an einer dicken Eisenkette, der segosta, über der Feuerstelle hing. Im bronzin wurden die Speisen in anderen großen Töpfen je nach den verschiedenen Garzeiten schichtweise angeordnet. Oft stellt man sie früh am Morgen auf und garte alles sehr langsam bis zum Abend. Die Kunst bestand darin, aus wenig etwas zu machen, und eine geschmackliche Vielfalt auf den Tisch zu bringen, indem man mit Kreativität verschiedene Zutaten zusammenzustellte.
Unverzichtbar waren die Suppen, denen möglichst eine gute, nahrhafte Brühe Geschmack verlieh.
Der Wald stellte im Frühling, Sommer und Herbst für viele Familien eine Art Hausgarten dar, aber auf was konnten die Bergbewohner zählen, wenn er im Winterschlaf lag? Kartoffeln, Kohl, Rüben, Brokkoli, Knollensellerie: Wintergemüse, das dem Bodenfrost standhält, und das Jahr für Jahr im Trentino seine Qualität und sein Ansehen steigerte.
Kartoffeln
Die Kartoffel ist die unbestrittene Königin der Trentiner Küche, und zwar zu allen Jahreszeiten. Sie ist nicht nur die schmackhafte, nahrhafte und vielseitige Protagonistin vieler Gerichte, wie den berühmten Tortel, mit Käse, Salami, Kohl und Bohnen servierten Kartoffelkuchen, sondern auch jederzeit verfügbar. Denn zum einen ist sie gut lagerbar, und kann auch noch im Herbst gelegt werden für eine Winterernte!
Die Bergkartoffel, die bis zu einer Höhe von 1500 m angebaut werden kann, ist festkochend und geschmacksintensiv, auch ohne weitere Zutaten.
Früher stibitzten die Kinder ein bisschen Knödelteig, formten Bällchen daraus und warfen sie auf die fornasela. Plattgedrückt wurde daraus eine Art Fladen, aber man musste man höllisch aufpassen, sie nicht zu verbrennen. Knusprig geröstet war es eine Leckerei, vor allem, wenn Zucker, Butter oder Marmelade im Haus waren.
Das beste Anbaugebiet für Kartoffeln im Trentino sind das Bleggio und das Lomaso im Bergland der Giudicarie Esteriori, den Äußeren Judikarien. Hier bauen die Landwirte auf riesigen Feldern die Bergkartoffeln an: „Le Montagnine“ haben einen besonders niedrigen Glukosegehalt und sind sehr reich an Vitamin C. Der Winter ist die richtige Jahreszeit, um sie zu genießen, denn die Produktion erfolgt ganz nach dem Rhythmus der Natur und ausschließlich in integriertem Anbau. Daher sind sie nur vom Spätherbst bis zum Frühjahr erhältlich.
Also: unbedingt einkaufen, denn so kann man ein typisches Produkt mitnehmen, auch um die Trentiner Rezepte ausprobieren, die wir am Ende dieses Artikels vorstellen.
Weißkohl
Es sollte allgemein bekannt sein, dass auch Sauerkraut zu den typischsten Spezialitäten des Trentino gehört! Schon zur Zeit des Konzils von Trient besagte ein Sprichwort: „Ohne Sauerkraut gibt es das ganze Jahr über kaum eine Mahlzeit“.
Weißkohl ist ein klassischer Begleiter von Wintergerichten, vor allem zu Schweinefleisch, auch in anderen Teilen Italiens. Aber im Trentino kam und kommt Capussi in Form von Sauerkraut in der kalten Jahreszeit fast täglich auf dem Tisch. Heute wird es meist fertig verkauft, aber früher legte sich jede Familie einen Vorrat davon an, indem sie es in Holzfässern im Keller fermentieren ließ. Man entfernte den Strunk der Kohlköpfe und schnitt sie in Streifen, um sie dann mit oder ohne Zugabe von weißen Rüben, die zur besseren Verdaulichkeit beitragen, mit Salz, Kümmel, wildem Fenchel und Wacholderbeeren schichtweise einzulegen. Das Fass wurde vom Gewicht eines schweren Steins gut verschlossen gehalten. Nach etwa einem Monat war das Sauerkraut zum Verzehr bereit. Zur Sauerkrautherstellung braucht man allerdings viel Kohl, denn die Menge reduziert sich während des Prozesses um die Hälfte.
Im Trentino werden Capussi seit Urzeiten angebaut, denn Kohl wächst auch auf marginalen Flächen wie z.B. am Waldrand. Er war schon immer ein unentbehrlicher Verbündeter für die Bergbevölkerung, die im Winter Schwierigkeiten hatten, sich mit frischen Lebensmitteln und vor allem mit Vitamin C zu versorgen. Wegen des hohen Vitamingehalts war Sauerkraut ein wertvolles Mittel gegen Skorbut. Noch in den 1950er Jahren machten sich die Kinder auf den oft langen Schulweg mit einer guten Portion crauti rostidi (gebratenes Sauerkraut) im Rucksack.
Im Val di Gresta, dem Bio-Gemüsegarten des Trentino, wo auf einem wie ein riesiges Amphitheater terrassenförmig angelegten Areal der erste Bio-Bezirk der Region Trentino entstanden ist, wird Weißkohl ohne Einsatz von künstlichen Düngemitteln angebaut, geerntet und verarbeitet.
Im Trentino hat man die Chance, leckeres Sauerkraut auf vielfältige Weise zu probieren, zumal es in den Tälern nach unterschiedlichen Familienrezepten zubereitet wird. Eine klassische Kombination ist die mit Schweinerippchen.
Brokkoli aus Torbole
Ein Favorit bei Großmüttern und Müttern, oft der Albtraum von Kindern! Brokkoli sind ein typisches Wintergemüse mit krebshemmenden Eigenschaften, reich an Mineralien und Vitaminen, und mit einer intensiven Farbe (die es weitgehend beibehält, wenn es richtig gekocht wird!).
Wie alles, was gesund ist, hat es aber auch einen Nachteil: den hartnäckigen, aufdringlichen Geruch!
Aber im Trentino, besser gesagt in einem sehr begrenzten Gebiet, das sich von Linfano di Arco bis Torbole di Riva del Garda erstreckt, wird seit Generation eine sehr süße Brokkolisorte angebaut, der keinen unangenehmen Geruch hinterlässt: der hiesige Broccolo ist sogar Presidio Slow Food.
Hier, im unteren Teil des Trentino, schützten die milden Gardasee-Winde die Blütenstände dieser Kostbarkeit vor dem Frost.
Der Broccolo di Torbole ist ausschließlich hier heimisch. Sein Samen ist so widerstandsfähig, dass er nur mit Wasser und wenig Dung gedeiht, und seiner „Persönlichkeit“ wurden sogar Studien gewidmet. Die Brokkoli-Zeit dauert von Mitte November bis Mitte Januar, und man kann ihn bei den Erzeugern und in den lokalen Gastwirtschaften probieren. Er ist kleiner als herkömmlicher Brokkoli, hat eine gelblich-grüne Farbe und ist umgeben von langen Blättern, die eine ausgezeichnete Zutat für Knödel oder Suppen sind. Mit einem überraschend süßen Geschmack ist er eine wahre Delikatesse, und immer mehr Gourmets kommen ihm zuliebe hierher... Zeit, ihn zu genießen!
Knollensellerie
Was außerdem zur kulinarischen Tradition der Bergbauern gehört, die oft eine „Resteküche“ war und vor allem im Winter mehrmals aufgekochte Suppen vorsah, ist der Knollensellerie. Er wurde schon seit Jahrzehnten verwendet, bevor in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts im Trentino sein systematischer Anbau begann, auf den Terrassen des bereits erwähnten Val di Gresta.
Diese ansonsten nicht allzu bekannte Knolle mit zweijährigem Produktionszyklus ist in der traditionellen Bergküche weit verbreitet und geschätzt. Immer häufiger ist sie auf den Märkten und auf den Speisekarten unserer Restaurants zu finden. Sie hat die Form einer großen, runden Kartoffel und eine ähnliche Konsistenz, weist aber einen Wassergehalt von 90 % auf. Leicht und gut verdaulich, passt Knollensellerie als Püree hervorragend zu Fleisch- und Fischgerichten. Er ist sehr reich an Mineralstoffen und wirkt harntreibend und entschlackend.
Lecker diese Cremesuppe, die auch optimal ist als Digestif nach üppigen Festtagsessen.