Das scharlachrote Wasser des Lago di Tovel
Welche Farbe hat Seewasser? „Hellblau!“ lautet die spontane Antwort. Oder türkis, oder vielleicht hellgrün, aber sicherlich würden Sie nie „rot“ sagen. Dennoch gab es im Trentino bis vor wenigen Jahren einen See, dessen Wasser, wenn es im Sommer sehr heiß war, rot wie reife Erdbeeren wurde. Wir sprechen vom Lago di Tovel, im Herzen des Naturparks Adamello Brenta.
Niemand wusste, warum das Wasser diese seltsame Farbe erhielt, aber die älteren Menschen im Val di Non kennen eine Geschichte, die mehrere Jahrhunderte zurückgeht, als es im Trentino noch Könige, mutige Ritter und Kriegerprinzessinnen gab. Zu jener Zeit gab es im Val Rendena das kleine Königreich Ragoli, das von einem weisen, aber sehr alten König regiert wurde, der keine Söhne, sondern nur eine Tochter hatte, Prinzessin Tresenga. Als der Regent starb und die junge Prinzessin das Königreich erbte und Königin wurde, kamen viele Prinzen und Könige in das Königreich Ragoli, um ihre Hand zu bitten, aber keinem Verehrer gelang es, das Herz von Tresenga zu erobern.
"Die zwei Armeen traten sich am Ufer des Lago di Tovel entgegen. Es gab einen Kampf auf Leben und Tod"
Zu den abgelehnten Verehrern zählte auch Lavinto, König von Tuenno. Stolz und hochmütig konnte Lavinto diese Ablehnung nicht akzeptieren und machte weiterhin der Königin Tresenga den Hof, in der Überzeugung, dass sie ihre Meinung ändern könne. Doch weder die Königin noch das Volk von Ragoli wollten diese Ehe, sodass Lavinto bei der n-ten Ablehnung seine Geduld verlor und mit seinem Heer gegen das kleine Königreich Ragoli marschierte.
Das Volk von Ragoli liebte seine Königin und legte die Waffen an, um die Armee des eindringenden Feindes zu bekämpfen. Sogar Tresenga griff zum Schwert und führte ihre Männer gegen den Feind an. Die zwei Armeen traten sich am Ufer des Lago di Tovel entgegen. Es gab einen Kampf auf Leben und Tod. Die grausamen, durch tausend Schlachten abgehärteten Soldaten von Lacinto wurden von der Armee der Königin geschlagen. Tresenga selbst wurde tödlich verletzt und fiel am Ufer des Sees. Ihr Blut floss ins Wasser, das von diesem Tag an rot wurde, um alle an das Opfer dieser tapferen Frau zu erinnern. Einige sagen, dass der Geist von Tresenga immer noch am Ufer des Sees herumschwirrt und in Vollmondnächten das traurige Schicksal ihres Volkes beweint.