Die SAT feiert 150-jähriges Bestehen
Förderung des Bergsteigens, Umweltschutz und gesellschaftlicher Zusammenhalt
Am 2. September 1872 gründete eine Gruppe Trentiner Bürger und Adlige, hauptsächlich aus dem Val Rendena, dem Basso Sarca, dem Val Lagarina und der Stadt Trento, in Madonna di Campiglio die „Società Alpina del Trentino“ (Trentiner Alpengesellschaft), mit dem Ziel, das Bergsteigen und den Umweltschutz, wie auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern; und zusätzlich auch etwas, das damals nicht laut ausgesprochen werden durfte: den Anschluss des Trentino an das Königreich Italien voranzutreiben.
Um diese Ziele zu verfolgen beschloss man den Bau von Schutzhütten, die Anlage von Wanderwegen, die Finanzierung von Hoteliers, die Organisation von Bergführern, die Besteigung von Gipfeln und die Veröffentlichung von geographischen und bergsteigerischen Schriften.
Das Motto? Excelsior! Aus einem Gedicht des Amerikaners Henry Wadsworth Longfellow. Mit der Bedeutung von Erhebung, höher, weiter aufwärts. Die Satzung der neu gegründeten Gesellschaft sah, bereits von Anfang an, ausdrücklich die Aufnahmemöglichkeit auch für Frauen vor.
Die ersten Frauen schrieben sich zwei Jahre später ein. Hauptsächlich Ehefrauen oder Töchter von Mitgliedern. Frauen, die im Laufe der Zeit zwar nicht zur Bergliteratur beigetragen haben, die aber geklettert sind, viel geklettert sind, und dabei neben den Berghängen auch die Stufen der gesellschaftlichen Emanzipation erklommen haben. Und die uns, anstelle der Chroniken von Heldentaten, Tagebücher des Herzens hinterlassen haben. Meist Ausflüge im Alleingang, die eine ausdrückliche Hymne auf die Freiheit darstellten.
Heute, genau 150 Jahre später, kann die SAT (heute Gesellschaft der Tridentiner Bergsteiger) zum ersten Mal in ihrer langen und mutigen Geschichte, einen rein weiblichen Vorsitz vorweisen: Anna Facchini – Präsidentin – für die zweite Amtszeit, Elena Guella und Iole Manica - Vizepräsidentinnen.
Aber schauen wir etwas weiter zurück.
Im Jahr 1872 hat die Entdeckung der Alpen gerade erst begonnen: Wanderungen, Besteigungen und Eroberungen, die so überwältigende Gebirgslandschaften offenbaren, dass sie alle Mühe, die unberührten Gipfel zu erklimmen, wert sind. Es waren Briten und dann Deutsche, die die ersten Wege auf der Marmolada und der Presanella erschlossen und die Bocca di Brenta überquerten.
Das Trentino war damals eine südliche Region der österreichisch-ungarischen Monarchie und eine benachteiligte Provinz, weit entfernt von den Kommunikationswegen, den Universitäten und Dienstleistungen. Den Alpinismus in den östlichen Dolomiten zu fördern hätte bedeutet, eine Wirtschaft in Gang zu bringen, die zu eben der Entwicklung geführt hätte, von der alle Liebhaber des Trentino heute noch profitieren.
Im Jahr 2022 ist SAT gleichbedeutend mit Territorium, Schutz, Menschen, Umwelt, Kultur und Innovation. Es steht für mehr als 25.000 Mitglieder, Partner, Organisationen und Unternehmen, 87 territoriale Sektionen, die ebenso viele Projekte fördern, 5.525 km Wege, 34 Schutzhütten (plus Biwaks und Hütten), 50.000 Übernachtungen pro Jahr, 274 Bergsteigerlehrer, 20 Bergsteiger-, Skibergsteiger- und Kletterkurse pro Jahr.
Ermöglicht wird all dies durch die Freiwilligenarbeit und das Engagement für das Gemeinwohl, das das Vereinsleben der SAT auszeichnet: eine der wertvollsten Hommagen an die Dolomiten und alle Berge des Trentino.
Dieses Jahr findet das 150. Jubiläum der SAT statt und gleichzeitig das 70. der Bergrettung und des Bergfestivals Feierlichkeiten, die Anna Facchini beschlossen hat gemeinsam einzuleiten.
Wer ist Anna Facchini?
Ich wurde in Trento geboren, in einer Familie, die viele Wurzeln in mir hinterlassen hat. Bei Mama denke ich an den Hügel von Trento und die Landschaft ... das erste, was mir in den Sinn kommt, ist der Frühling, der Duft des wachsenden Grases, die Bäume. Bei Papa dagegen an das Val di Fassa mit seinen Geschichten, einen Berg der Mühen, des einfachen, spartanischen Lebens, etwas, das ich in mir trage: wenn ich auf den Wanderwegen unterwegs bin, Schutzhütten erreiche oder an Almhütten vorbeigehe, die so umgewandelt wurden, dass sie an die Hütte von Heidi erinnern, dann habe ich das Gefühl, dass wir Gefahr laufen, den Berg ausschließlich als einen Ort des Vergnügens zu betrachten, dass aber nicht nur die Gegenwart existiert. Die Gegenwart ist das Ergebnis einer Erinnerung der Vergangenheit, die wir nicht vergessen sollten, aus Respekt für diejenigen, die in den Bergdörfern leben und gelebt haben.
Was hat es für Sie bedeutet, die erste Frau an der Spitze der SAT zu werden?
Ich bin einmal von Journalisten so beschrieben worden: Das ist Anna Facchini, DIE Dame, die die SAT regiert. Verzeihen Sie mir, habe ich darauf geantwortet, aber wenn ich statt Anna Giovanni heißen würde, hätten Sie dann auch gesagt DER Herr, der die SAT regiert? Tatsächlich sind derartige Unaufmerksamkeiten häufiger vorgekommen, als man meinen sollte. Viele Komplimente, viele Glückwünsche und Stolz, aber wenn man dann auf die Management-, Verwaltungstätigkeiten einwirken möchte, erhält man manchmal beinahe ungläubige Blicke.
Die Geschichte der SAT ist eine heroische und bedeutende Geschichte, in der Gewohnheiten für das Gute und das Schlechte tief verwurzelt sind. Ich habe versucht, weiter zu denken. Ich wollte nicht, dass Prestige und Ansehen zu Limits für Wandel und Innovation werden: man darf nicht vergessen, dass wir uns während meiner Präsidentschaft mitten in einer Pandemie wiedergefunden haben, die das Vereinsleben auf eine harte Probe gestellt hat, gleichzeitig aber auch zu einer Möglichkeit für Innovation geworden ist.
Ich habe versucht, Veränderungen zu beschleunigen, trivialerweise durch die Nutzung des Internets und der Netzwerke und viel durch die Einbeziehung der jungen Generationen. Änderungen, die manchmal vielleicht zu schnell stattgefunden haben.
Warum die jungen Leute?
Weil die neuen Generationen die Zukunft sind. Jung und jugendlich sind relative Begriffe und stehen im Verhältnis zu demjenigen, der die verschiedenen Altersgruppen betrachtet und einschätzt. In der SAT besteht ein wenig Verwirrung, was die Bedeutung von Jung und Jugendlich betrifft. Für mich sind Personen zwischen 18 und 25 Jahren junge Leute. Sie sind in der Lage, über die unterschiedlichen Einfühlungsvermögen hinaus, ihr Verhalten anzupassen, wenn wir zum Beispiel von der Umwelt sprechen. Wir tun uns schwerer, unseren Lebensstil zu ändern; wir sind in der Ära der linearen Entwicklung aufgewachsen und sind uns erst spät der Endlichkeit der Ressourcen bewusst geworden; und trotz aller guten Vorsätze und großen Reden hängen wir noch immer an unseren Konsumgewohnheiten fest.
Wir brauchen die jungen Generationen, ihre Ideen, ihre Projekte und wir müssen ihnen Selbstvertrauen und die Mittel geben, um diese weiterentwickeln zu können. Wir sollten fähig sein, einen Schritt zurück zu treten, denn meiner Meinung nach sind die jungen Leute viel eher daran gewöhnt, auch das Wenige fruchten zu lassen, das ihnen zur Verfügung steht ... Ich träume von einem Zentralrat aus jungen Leuten - auch wenn mir bewusst ist, wie schwer es ist sich zeitlich zu organisieren - aber wir brauchen einen Tempo- und Mentalitätswechsels, der allerdings nicht bedeutet, die Werte zu verleugnen, sondern, im Gegenteil, dazu beiträgt, diese bei Leben um im Schritt mit den Veränderungen zu erhalten.
Wann sind Sie der SAT beigetreten?
Ich habe mich seit den 2000ern verpflichtet, zuerst in der Bergumweltschutzkommission und dann in der Kultur; ich habe also mit Kursen begonnen, die viele Outdoor-Aktivitäten in Begleitung von Forst- und Wildtierexperten, Stadtplanern und Planern vorsahen. Dort habe ich angefangen, um dann eine aktive freiwillige Mitarbeiterin zu werden; anschließend wurde ich, im Jahr 2008, für etwa 7 Jahre Kommissionspräsidentin. Viele dieser Kommissionen waren im Bereich der umweltfreundlichen Kultur und dem Klimawandel.
Die SAT war der erste Verein im Trentino, der sich systematisch mit Themen wie dem Klimawandel auseinandergesetzt hat Bereits 2007 fand ein Kongress statt, der sich mit genau diesen Themen befasst hat. Ende 2017 wurde ich gebeten, mich als Ratsmitglied zu kandidieren und wurde eben aufgrund meiner Erfahrung in den Kommissionen gewählt. Das waren die Jahre, in denen die SAT ihr lebhaftes Interesse für kulturelle Angebote neu angekurbelt hat. Zum Beispiel wurde eine Kurstrilogie über Territorialplanung ins Leben gerufen; die Talgemeinschaften, deren Aufgabe auch die Gebietsplanung war, waren erst vor Kurzem entstanden und mit diesen Kursen haben wir eine Lücke gefüllt. Bereits 2010 haben wir über Berge und Fahrräder gesprochen und 2014 über Berge und Ski.
Wie kam es also zu Ihrer Präsidentschaft?
Ich denke, dass mich der damalige Rat aufgrund der Ergebnisse gewählt hat, die während der zuvor durchgeführten Aktivitäten innerhalb der Kommissionen erzielt worden waren, denn diese hatten dazu beigetragen, dass die SAT, im Laufe der Jahre, gegenüber der öffentlichen Institutionen, Universitäten, aber auch der Provinz, Autorität und Vertrauen gewonnen hat.
Warum sollte man der SAT beitreten wollen?
Meiner Erfahrung nach ist es gut, der SAT beizutreten, wenn man in einer Branche mitwirken kann, die einen interessiert. Es gibt so viele Kommissionen. Jugendbergsteigen, Wandern, Gletscherkunde, Höhlenforschung, Schutz der Bergwelt, die Bibliothek ... um nur einige zu nennen. Es sind Interessensgebiete, die die Bergkultur fördern. Sie können dort einen aktiven Beitrag leisten und sich Teil eines Projekts fühlen, in dem Sie Ihre Leidenschaft miteinwirken und wachsen lassen können.
Gibt es etwas, das Sie noch bis zum Ende Ihrer Amtszeit erreichen möchten?
Berghütten. Wir haben zwei Renovierungsprojekte für zwei Schutzhütten laufen, eine im Brenta-Gebiet und die andere in der Rosengartengruppe. Ich werde sie in meiner Amtszeit nicht renoviert sehen, aber diesen neuen Kurs, der Planungswettbewerbe voraussetzt, ins Laufen gebracht zu haben, wird meiner Meinung nach zu sehr positive Ergebnisse führen.
Etwas anderes, das es bereits gab, das wir aber intensiv aufgefrischt haben, ist die Diskussion über die Zusammenarbeit und Übereinkunft mit der Universität Trient. Diesen Sommer werden wir hier bei uns zwei Praktikanten des Masterstudiengangs in Nachhaltiger Tourismus haben, die uns, nach einem Curriculum-Workshop hier bei uns, vorgeschlagen haben, das Phänomen der E-Bikes und MTBs direkt in unserem Hauptsitz zu erforschen.
Die Fragen, die die SAT zu stellen weiß, können diejenigen ansprechen, die zum Studieren geboren sind, die ihre Kenntnisse vertiefen möchten, Thesen, Studienziele, Analysen und vielleicht sogar Lösungen auf den Tisch bringen. Ich bin sehr von diesen Synergien überzeugt. Es ist nicht gesagt, dass wir von der SAT in der Lage sind, alle Aspekte zu erkennen, die der Berg nötig hat.
Sie feiern 150 Jahre ...
Ja, drei Geburtstage: die SAT, dann die vor 70 Jahren, innerhalb der SAT geborene Bergrettung und das Bergkino. Die ereignisreichste Woche dieser Veranstaltungen, wird die während des Trento Film Festivals sein. Für die SAT haben zahlreiche Aktivitäten auf dem Programm, die in diesen Wochen beginnen und am Ende des Jahres enden; und es wurden wirklich viele Dinge, gemeinsam mit den Sektionen geplant. Wir sind dabei ein Maxi-Trekking des Trentino zu organisieren: 53 Etappen entlang der Grenzen, eine Art Staffellauf von Sektion zu Sektion, der es ermöglichen wird, auch Ausflüge in die Städte zu machen.
Und 150 Jahre sind keine geringe Leistung, aber es handelt sich nicht nur um eine feierliche Neufassung der Vergangenheit. Das kulturelle Produkt, auf das sich der Rat konzentriert hat, ist ein Übersichtsbuch über den Beitrag, den die SAT aus sozialpolitischer Sicht im Umweltbereich geleistet hat und zwar mit dem Fokus auf die letzten Jahrzehnte, während der die Aufmerksamkeit für Umweltfragen tatsächlich gereift ist, nicht nur im Trentino. Einen Moment, der in die Zukunft blickt fotografieren.
Gibt es etwas, das ich Sie nicht gefragt habe?
Die Mühe. Alle haben es als selbstverständlich hingenommen, dass ich mich für die zweite Amtszeit kandidieren würde. Aber für mich war das gar nicht selbstverständlich. Ich habe viel darüber nachgedacht und am Ende habe ich es getan, aber nicht weil ich mich für unersetzlich halte, sondern nur weil wir Neues in die Wege geleitet haben, das ich gerne festigen möchte. In mancher Hinsicht ist es beinahe schwieriger als das erste Mandat. Es kommen die Probleme zum Vorschein, die durch die Pandemie in den letzten zwei Jahren hervorgerufen worden sind. Ich sehe und nehme viele Schwierigkeiten bei den zwischenmenschlichen Beziehungen wahr.
Was haben Sie in fünf Jahren Präsidentschaft in der SAT wirklich gelernt?
Was ich aus diesen 5 Jahren mitgenommen habe? Ich habe einen enormen Reichtum an Beziehungen zu Menschen, Umgebungen und Situationen gewonnen und die Fähigkeit zur Solidarität, die ich in den Sektionen beobachten konnte. Der soziale Wert der SAT, ist ihr größter Reichtum.