Die Locanda Alpina im Val di Non
Ein langsamer und steter Wandel
„Auch in der Vergangenheit kann man etwas Neues entdecken”. Manchmal muss man auch in der Küche einfach nur den Blickwinkel ändern, um die Tradition so mit Abwechslung zu verbinden, dass sie trotzdem mit der Region verwurzelt bleibt. Eine Kunst, die aus der ständigen Auseinandersetzung mit sich selbst immer wieder neue Inspirationen bezieht.
La Locanda
Wenn Sie das Alta Val di Non durchqueren, eine von Landwirtschaft, Äpfeln und Anbau geprägte Region, erreichen Sie noch vor Fondo das Dorf Brez. Hier fanden bereits 1853 Wanderer, Stammgäste und Reisende in der Locanda Alpina der Familie Segna Unterkunft und Verpflegung, heute ein unerwartetes Geschenk. Ein Vokabularium des Tals und eine Enzyklopädie der Region. Ein Familienprojekt, das sich langsam und kontinuierlich weiterentwickelt und mit der jungen Küchenchefin Giulia die vierte Generation an weltoffenen Gastgebern auf Gourmetniveau erreicht hat. Ein kräftiger, klarer und runder Geschmack. Präzise. Hier werden Traditionsgerichte mit Kartoffeln als Hauptzutat, wie die nicht mehr wegzudenkenden Gnocchi aus rohen Kartoffeln, mit Brokkoli aus Torbole, nur wenn er frisch erhältlich ist, oder mit Flechten der Alpenpässe serviert und mit dem Evo Öl vom Gardasee verfeinert, da die Region bei einem Höhenunterschied von 3.000 m in ihrer Breite eine außerordentliche Vielfalt an Rohstoffen bietet, die im Trentino reichlich vorhanden sind.
Die Küche
„Wir beginnen immer bei einer Hauptzutat, die ein saisonales und regionales Produkt sein muss, das im Gericht vorherrscht. Wir probieren und analysieren sie und wenn wir uns über ihren Geschmack und den Garvorgang im Klaren sind, kreieren wir das Gericht”. So kann auch der Tortel aus Kartoffeln zu einem Gourmet-Rezept mit lokalem Speck, im Wald gesammelten Pfifferlingen und Steinpilzen werden. Das Brot duftet intensiv nach einer alten, biologischen Roggensorte, die in der einzigen verbliebenen Mühle im Tal steingemahlen wird. Ein Brot, das es verdient, zwischen den einzelnen Gerichten allein gegessen zu werden.
Der ideale Gast? Ein ehrlicher Gast, der seiner Seele etwas Gutes tun möchte, der im Gespräch und Austausch mit der Familie der Küche Aufwind verleiht. Ein Gast, der sich gerne überraschen lässt, auch von einem kreativen Tagesrezept, von einer unerwarteten Zutat aus dem Versuchsanbau eines lokalen landwirtschaftlichen Betriebs.
Giulia Segna
Giulia teilt ihre Recherche und ihre Arbeit mit einer immer zahlreicher werdenden Gruppe von Küchenchefs aus dem Trentino, die regionale Klassiker in ein neues Zeitalter holen. Unter der Leitung von Sterneköchen aus der Region probieren sie Neues aus, tauschen sich aus und entwickeln ihre eigene Handschrift, die sie lernen optimal zu interpretieren. Sie sind die Generation des Trentino Food Tales. „Wenn ich in der Küche konzentriert bin, fühle ich mich sicher, nichts kann mir mehr etwas anhaben”. Eine Mutter als Küchenchefin, die Hotelfachschule mit 14 Jahren und dann die Entdeckung ihrer Leidenschaft fürs Brotbacken und die Konditorei. Fortwährendes Lernen und ungezähmte Neugier. Ein Wunsch? Die Chance, Fehler zu machen und daraus zu lernen.
„Nur wer Fehler macht, lernt daraus. Meine Mutter hatte bereits die Chance, Fehler zu machen und neigt dazu, beschützen zu wollen”. Mutter Silvana bezieht aus der Tradition ihre Inspiration. Giulia verleiht ihr ein neues Gewand. Zwei Seelen, die sich die Küche teilen und sich dabei den nötigen Freiraum lassen, wodurch sie in einem gelungen Spagat genussreiche Gerichte zaubern.
Wenn sie nicht Küchenchefin geworden wäre, dann wäre Giulia ihrer Leidenschaft für Make-up gefolgt, die Fähigkeit, das Gesicht mit verschiedenen Nuancen zu modellieren, um seine Vorzüge zu betonen. Genau dieses Gefühl entsteht beim Anblick eines von ihr kreierten Gerichts. Die Rohstoffe sind genau definiert: die Hauptzutat herrscht vor, begleitet von passend abgestimmten Ingredienzien, die ihren Geschmack hervorheben, und Farbnuancen, die ihr noble und völlig uneitle Eleganz verleihen. So fühlen Sie sich immer wohl. Weil die Lieblingsfarbe von Giulia immer noch Weiß ist, die Farbe des Lichts, das alles sichtbar macht.
Die Zukunft
Es ist gerade ein wichtiger Wandel im vollen Gange, nicht nur in den Küchen, sondern auch in den landwirtschaftlichen Betrieben im Tal. „Als ich damals anfing, gab es keinen landwirtschaftlichen Betrieb, der dir Kartoffeln verkaufte, der dir eine Kiste Äpfel verkaufte oder einen Kopf Weißkraut. Man wurde nur komisch angeschaut. Man war damals noch nicht so weit, zu sagen das stammt aus meinem Gemüsegarten, das habe ich angebaut, probieren Sie mal wie lecker das schmeckt… Man behielt die Ernte für sich”, erinnert sich Silvana, die Mutter. Während jetzt eine neue Erzeugergeneration stolz auf ihr Produkt ist, es mit Restaurantbetreibern teilt und sogar mit ihnen beim Anbau von neuen Produkten zusammenarbeitet. So erklärt sich die schnelle Entwicklung der neuen Geschmackskultur. Aus der Tatsache, dass auch die Locanda Alpina keine einzige Kartoffel mehr bei einem x-beliebigen Händler kauft. Versuche, Zusammenarbeit, Verarbeitung, Qualität.
Ohne auf Neugier, Einflüsse und Wissen zu verzichten. Der Weinkeller der Locanda ist eine Fundgrube mit einem sorgfältig von Vater Danilo ausgewählten Sortiment. Seine Weinkarte vereint exzellente Weine, sortiert nach Jahrgang, aus dem Tal, aus dem Trentino und aus aller Welt: Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Portugal, Spanien. Ein Statement, dass Tradition nicht Festhalten bedeutet, sondern kontinuierlicher und reger Austausch mit allem, was sie ausmacht. Sich dem zu widersetzen, ist sinnlos.