AUF ENTDECKUNGSTOUR DURCH DIE DOLOMITEN
Im Westen befindet sich die Brentagruppe, im Osten der Latemar, der Rosengarten, die Palagruppe und die Marmolata, die mit ihren 3342 Metern die Königin der „Bleichen Berge“ ist. Zu ihren Füßen liegen Gemeinschaften mit ihren eigenen Kulturen und Traditionen, auf der ständigen Suche nach einem Gleichgewicht zwischen Entwicklung und Schutz eines einmaligen Naturerbes.
Die Essenz der Dolomiten sind ihre Felsen: Sie erschaffen die schnittigen Formen (nach Le Corbusier „die schönsten Architekturen der Welt“), bizarr und kühn, mit einem Regenbogen an Farben, die sich im Laufe des Tages ständig verändern – bis zur Schlussvorstellung: dem Alpenglühen.
Das heutige Aussehen der Bleichen Berge ist das Ergebnis einer langen und faszinierenden geologischen Geschichte, die vor 280 Millionen Jahren begann und die Berge entscheidend geprägt hat. Zu der Zeit existierten keine Berge, sondern eine Überschwemmungsebene mit Blick auf einen tropischen Meerbusen namens Tethys zwischen Europa und Afrika, die damals als Pangaea vereint waren. In der Perm-Ära begann diese Ebene zum ersten Mal in das Tethysmeer zu sinken, das so in das Gebiet der heutigen Region der Dolomiten eindrang. Das Meer war flach, warm, ähnelte Teilen der heutigen Tropen und beherbergte vielfältige Mikroorganismen, die in der Lage waren, Mineralsalze zu binden und verschiedene Sedimente in ihrem Skelett zu stabilisieren. Seit der Trias-Ära hat sich die Tiefe dieses Meeres mehrmals verändert. Mit jeder Absenkung begann eine große Anzahl der Mikroorganismen eine massive Konstruktion von Riffen, um dem Untergang des Meeresbodens entgegenzuwirken.
Dann geschah etwas Neues: Zum Ende der Kreidezeit vor etwa 65 Millionen Jahren tauchten die Dolomiten endgültig aus dem Meer auf, als Folge der fortschreitenden Annäherung des afrikanischen Kontinents an den europäischen. Die große Eiszeit der Quartär-Ära, die vor 2 Millionen Jahren die Dolomiten mit Eis bedeckte, veränderte die Geomorphologie dieser Berge stark, die sich nach dem Rückzug der Gletscher darauf vorbereiteten, die ersten menschlichen Wesen aufzunehmen.
Diese geologische Geschichte hat die Dolomiten zu einer weltweiten Referenz für die Geowissenschaften gemacht, auch wegen der Leichtigkeit, mit der man in den Felsen die Entwicklung des Planeten lesen kann – als würde man eine Art riesiges Steinbuch durchblättern.
Seit 2009 gehören die Dolomiten zum UNESCO-Weltkulturerbe. Um Teil des Weltkulturerbes zu werden, ist die erste Voraussetzung, einen außergewöhnlichen universellen Wert zu besitzen, d. h. repräsentativ für die kulturellen und natürlichen Reichtümer unseres Planeten zu stehen und so zum Bezugspunkt für die gesamte Menschheit zu werden.
Die Dolomiten beflügeln heute wie in der Vergangenheit die Fantasie mit ihren spektakulären vertikalen Formen, den gigantischen Felsvorsprüngen, die sich bis zu 1600 Meter über den weichen und hügeligen Linien von Wäldern und Almwiesen erheben und der Vielfalt an Farben, die die Felsen im Laufe des Tages annehmen können. Das Wandern in diesen Bergen ist eine visuelle und emotionale Erfahrung, die seit 1800 Reisende, Bergsteiger, Schriftsteller und Kunstschaffende, die ihre Erlebnisse in Tagebüchern, Geschichten, Skizzen und Aquarelle festhalten, mit der erhabenen Schönheit der Bleichen Berge in ihren Bann reißt.
Die Brentagruppe
„Eine Wildnis aus Türmen, Gipfeln und kühnen Felsspitzen“, um die Worte des Trentiner Geografen Cesare Battisti zu verwenden. Völlig getrennt von den anderen Massiven der Dolomiten und eingebettet in den Naturpark Adamello-Brenta erstreckt sich die Brentagruppe auf über 400 Quadratkilometern im westlichen Trentino zwischen den Tallandschaften der Giudicarie im Süden, der Paganella-Hochebene und dem Nonstal im Osten, dem Val di Sole im Norden und den Tälern Val Meledrio und Val Rendena im Westen. Die Hauptkette unterbrechen auffällige Einkerbungen, die lokal „Bocce“ oder „Bocchette“ genannt werden. Diese können über das Netz von erschlossenen Wegen erreicht werden, die die natürlichen Vorsprünge im Herzen der Felswände verbinden und die berühmte „Via delle Bocchette“ bilden. Die Wanderroute wurde zwischen den 30er- und 70er-Jahren geschaffen. Die höchste Erhebung der Gruppe ist die Cima Brenta mit 3151 m, aber der berühmteste Gipfel, fast ein Symbol für diese Dolomitengruppe, ist eine steil aufragende Felsspitze: der Campanile Basso.
Die Palagruppe
„Nie bieten die gewaltigen Bergrücken des Sass Maor oder des Cimon della Pala einen schöneren Anblick, als wenn ihre rosigen Gipfel zwischen den Rhododendren und den dunklen Fichtenwäldern hier und da auf den Wiesen auftauchen.“ Die Worte des englischen Bergsteigers Douglas William Freshfield, der 1864 als erster die Palagruppe überquerte, vermitteln das Erstaunen der ersten Entdecker angesichts des Spektakels von Gipfeln, Wachtürmen, Turmspitzen und felsigen Bastionen, die sich über den dichten Wäldern des Naturparks Paneveggio-Palagruppe erheben. Eine Vision, die noch heute alle in ihren Bann reißt, die diese Berge bewundern – ein meisterhaftes Erbe des antiken Korallenriffs. Die nördliche Kette umfasst die Cima Vezzana, mit 3200 m der höchste Gipfel der Palagruppe.
Latemar-Rosengarten
Eine Legende der Dolomiten besagt, dass die Türme des Latemar Seidenpuppen waren, die in Stein verwandelt wurden. In der Welt der Dolomiten sind die Türme und Gipfel zwischen dem Fleimstal, dem Fassatal und dem Eggental in Südtirol ein einzigartiges Konstrukt, das vor allem Geologen fasziniert hat, die den Ursprung dieser Berge enthüllen wollten. Eine märchenhafte Dimension, die man beim Betreten des großen Felsamphitheaters wahrnimmt, das sich beim Aufstieg vom Fleimstal, vom Satteljoch oder vom Valsorda eröffnet. Der Karerpass trennt den Latemar vom Rosengarten, einer der bekanntesten und meistbesuchten Dolomitengruppen in Trentino und Südtirol.
Marmolata
Sie ist eine „Königin“ mit vielen Hoffräulein – die Marmolata, der Berg, der diesen Bereich der Dolomiten dominiert. Im Norden bedeckt ein verschwindender weißer Gletscher über dem künstlichen Fedaia-See den Gipfel der Marmolata, während sich im Süden eine 1000 m hohe schwindelerregende Felsenwand 5-km-weit über das Val Ombretta erstreckt. Das Gerüst von Punta Penia, der westlichsten und höchsten Gipfelspitze der Marmolata (3343 m), ist hingegen vom Val Contrin aus gut sichtbar.
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