Michele Grieco
Die Freiheit, ich zu sein
„Ich heiße Michele Grieco, wurde 1990 geboren und habe meine Sportkarriere auf dem Rennrad auf etwas ungewöhnliche Weise begonnen.“
Es war 2017, als Michele im Alter von 27 Jahren die Muskeln in seinem linken Bein wieder in Bewegung bringen musste, da sie zu verkümmern drohten und Schmerzen verursachten. Nach einem Osteosarkom in seinem Bein, das ihm eine Behandlung und eine Prothese einbrachte, legte er die E-Gitarre beiseite, der er 14 Jahre seines Lebens gewidmet hatte, und traf Alex Zanardi.
Es gibt immer eine zweite Chance... egal, was passiert
„Ich kann nicht etwas tun, nur weil es getan werden muss. Ich habe mir gesagt, wenn ich schon trainieren muss, dann auch ernsthaft.“
Alex Zanardi nimmt am Ironman teil und bricht alle Rekorde. Die Disziplinen sind Schwimmen, Radfahren und Laufen und Michele beschließt, es zu versuchen. Er kann nicht laufen, sondern nur gehen, mit Schwimmen kommt er gut zurecht, aber beim Radfahren kann er glänzen. Zanardi ist der erste, der das erkennt und ihn einlädt, bei Obiettivo 3 mitzumachen. Michele beginnt zu trainieren und zu gewinnen. Das Ziel des Ironman bleibt und Jahre später wird er das auch schaffen.
„Ich fing an, ein Jahr lang sechs Tage pro Woche Rad zu fahren, und dann begann ich, an den Paralympics teilzunehmen. Die Welt der Paralympics ist eine harte Welt, denn es gibt keine Auswahl der Besten. Es gibt weniger Wettbewerb. Da es nur wenige Teilnehmer sind, steigt man bei einem Sieg schnell in der Rangliste auf. „Mit 28 fuhr ich mein erstes Rennen und wurde Vierter. Das Alter für Leistungssport und Paralympics ist höher. Gebrechen bekommst du später im Leben… Medaillen zu gewinnen ist wichtig, aber der Sport verändert deine Sichtweise auf das Leben“.
Es gibt immer eine andere Seite der Medaille
Der Sport und das Radfahren haben sein Leben verändert. „Durch den Sport habe ich die Kraftentdeckt, die wir in uns tragen. Wir Menschen haben eine unglaubliche Kraft, die wir nicht nutzen.Im Sport lernt man, dass man mit Methode und Ausdauer unglaubliche Dinge erreichen kann.Sport zwingt einen dazu, weiterzumachen und Handlungen zu wiederholen, bis sie besser werden. Das lernt man beim Sport sehr leicht, weil es an dir liegt, das zu tun. Und dann wirst du so. Besser.“
Vor allem hat ihm das Fahrrad Freiheit geschenkt. Auf dem Fahrrad kann Michele mit ungeahnter Geschwindigkeit fahren, Höhen überwinden und die Luft in seinem Gesicht spüren. „Auf dem Fahrrad kann ich tun, was ich sonst nicht tun könnte. Das ist meine Freiheit.“
200 Tage Training sind mehr wert als 1 Wettkampftag
Was zählt, ist nicht das Überqueren der Ziellinie, sondern der Aufbau dieser Ziellinie. „Denn der Aufbau der Ziellinie hängt nur von mir ab. Bei einem Rennen hängt es von mir ab, wie viel ich trainiert habe, wie ich mich ernährt habe, ob ich mich voll eingesetzt habe. Daneben gibt es viele Faktoren, die Niederlage oder Sieg beeinflussen, die ich nicht kontrollieren kann. Das Wetter, die Kurven, die Gegner, …“
„Wir haben im Trentino das Glück, dass wir viele Orte haben, an denen wir trainieren können. Und dann haben wir lokale Stellen, Menschen und Unternehmen, die dir helfen. Wir sind nur wenige, wir kennen uns alle ein bisschen, ich habe immer offene Türen gefunden. Wir haben Wegweiser und Asphalt. Manchmal nehmen wir viele Dinge als selbstverständlich hin und sehen sie nicht.“
Es ist wunderschön, mit dem Fahrrad zu fahren und zu reisen
Michele legt Kilometer um Kilometer zurück. Jedes Training beginnt bei ihm zu Hause. Seine Lieblingsorte? Das Valsugana mit seinen Steigungen. Passo Redebus, wenn es kalt ist, der Lago di Santa Colomba, Tenna, Menador, Val di Sella, Manghen, Passo Brocon. In Trento der Bondone, sehr anspruchsvoll, außerdem Pressano, San Michele, das Vallagarina, der Lago di Cei. Und ein großer Traum. Eine Fahrt alleine von New York nach San Francisco, nur er, sein Fahrrad und seine Freiheit.
Seine Empfehlungen für sicheres Radfahren:
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Trinken in einer Flasche mitführen, um unnötiges Gewicht zu vermeiden. Vor der Fahrt eine Karte mit den Brunnen erstellen. Das Trentino ist voller Brunnen…
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ein Reparaturset für Fahrräder, für alle Fälle
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eine Regenjacke. Besonders in den Bergen ändert sich das Wetter sehr schnell
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Leuchten hinten und vorn. Auch wenn sie mehr Gewicht bringen oder nicht so schön sind, sie können dir das Leben retten
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immer einen Helm tragen, dieser verbessert auch die Aerodynamik
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vor allem im Winter Oberteile in auffälligen Neonfarben
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Essen? Im Trentino hält Michele an den Berghütten und hat seine Empfehlungen. Torta di Noci (Walnusskuchen) auf dem Passo Sommo, Torta di Mirtilli (Heidelbeerkuchen) auf dem Passo Brocon usw.
Obiettivo 3
Michele kann sich nicht gut an das Leben vor seiner Krankheit mit 12 Jahren erinnern. Nach der Operation versuchte er, seine Prothese zu verstecken, er litt. Heute weiß er, dass diese Prothese eine Chance für ihn war. „Ich habe jetzt erkannt, dass ich mir kein Leben ohne Prothese wünsche, vor allem aus mentalen Gründen. Ich habe meinen Geist durch die Ereignisse geformt, die mir danach widerfahren sind. Ich wusste nicht einmal, dass ich es überhaupt suchen kann, das Glück, das ich im Sport gefunden habe. Ich versteckte, wer ich war.“
Mit Obiettivo 3 versuche ich, das zurückzugeben, was ich an Hilfe erfahren habe. Denn ein zweites Leben ist für jeden möglich. Bis in die 1990er Jahre war eine Behinderung Sache des Einzelnen. Du hast eine Prothese, du bist behindert. Wenn wir darüber nachdenken, „ist die Behinderung vielmehr durch die Situation gegeben. Das ist die Grundlage von allem. Mit einem normalen Fahrrad kann ich nicht fahren, weil ich mein Bein nicht mehr als 90° beugen kann. Wenn ich aber das Fahrrad wechsle, bin ich wie alle anderen.“ So war es auch beim Ironman, den Michele gewann, indem er die Regeln und das Team änderte: Er fuhr mit dem Rad, ein Teamkollege lief und ein anderer schwamm.
„Wenn wir den Blick auf die Behinderung von der Person auf die Situation verlagern, können wir alle Behinderungen überwinden.“