Der Anbau resistenter Weinreben im Trentino
Ein Beispiel für Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft
Das Trentino ist ein Gebiet mit einer wunderschönen Landschaft, in der immer mehr Wein aus Trauben hergestellt wird, die aus dem Anbau von „resistenten Weinreben“ stammen. Zu verdanken ist dies der Forschungsarbeit der Edmund-Mach-Stiftung und den Innovationsfähigkeiten der örtlichen Genossenschaftskellereien und Winzer.
Aber was genau sind resistente Weinreben? Widerstandsfähigere Weinreben? Produktivere? Resistenter wogegen? Lassen Sie uns einen kleinen Zeitsprung zurück machen, um die Entwicklung besser zu verstehen.
Die Reblausplage
Die Geschichte der resistenten Weinreben, die heute nicht nur unter Branchenfachleuten, sondern auch unter aufmerksamen Verbrauchern zunehmend Aufmerksamkeit erfahren, beginnt im Jahr 1870. Über den Handelsverkehr mit Amerika wurden damals Rebläuse nach Europa eingeschleppt, die sich rasch in den europäischen Weinbergen verbreiteten und das Absterben der Reben verursachten.
Es gab viele Versuche, dieses enorme Problem zu lösen, das fast alle Weinbaugebiete auf dem europäischen Kontinent betraf: Man versuchte, die Weingärten zu fluten, die Wurzeln mit Rauch zu behandeln, aber nichts half. Schnell wurde klar, dass die amerikanische Rebe im Gegensatz zur europäischen gegenüber der Reblaus resistent war.
So begann man mit der Züchtung von Hybriden, um Sorten zu schaffen, mit denen Trauben und Wein für den Markt erzeugt werden konnten. Die ersten Ergebnisse waren eher schlecht, die Weine hatten deutliche Mängel bei Geschmack und Aroma. Deshalb versuchte man einen anderen Weg und pfropfte die europäischen Reben auf amerikanische Rebwurzeln, ein Verfahren, das bis heute praktiziert wird.
Zwischen 1920 und 1935 entdeckte man, dass diese Hybride auch unter klimatischen Aspekten sehr viel widerstandsfähiger und resistent gegen einige Pflanzenkrankheiten wie Mehltau, falscher Mehltau und Botrytis sind.
Von den ersten resistenten Weinreben bis heute
Die Forschungen und Experimente wurden fortgesetzt und im Zeitraum zwischen 1970 und 1980 gelang es dem Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg in Deutschland aus Pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (kurz PIWI) die ersten marktfähigen Weine mit nennenswerter Qualität herzustellen.
In Europa verbreitete sich dieser neue Trend rasch und fasste Ende der Neunziger Jahre mit den ersten Versuchsanlagen im Trentino und in Südtirol auch in Italien Fuß.
Im Trentino gibt es eine Vielzahl von Winzerbetrieben, die von Beginn an mit dem Anbau, der Nutzung und der Weinherstellung aus diesen Keltertrauben experimentierten. Rückhalt bekamen sie dabei von der Edmund-Mach-Stiftung. Das landwirtschaftliche Forschungsinstitut unterstützt seit jeher Feldforschungen und experimentelle Verfahren.
Eine nachhaltige Lösung
Die Gründe, warum so viele lokale Betriebe diese Sorten einsetzen, lassen sich unter 3 Aspekten zusammenfassen, die sämtlich im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit stehen. Dieses Thema hatte für das Trentino schon immer einen hohen Stellenwert und ist für die hier ansässigen Betriebe nach und nach zum wesentlichen Entscheidungstreiber geworden.
Die starke Verminderung der in Weingärten mit resistenten Reben erforderlichen Pflanzenschutzbehandlung wirkt sich zunächst vor allem auf den gesundheitlichen Aspekt aus, so dass der Anbau sich auch für direkt an Wohngebiete und Parks angrenzende Bereiche eignet. Angesichts der Tatsache, dass die Pflanzenschutzbehandlung zu den kostenträchtigsten landwirtschaftlichen Maßnahmen gehört, führt die Nutzung von resistenten Weinreben für die Winzer zu erheblichen Einsparungen. Darüber hinaus benötigen diese Reben weniger Pflege, was dazu beiträgt, dass der Weinanbau auch in unbequemeren und schwerer erreichbaren Bereichen weitergeführt wird. So kann das landwirtschaftliche Ökosystem besser erhalten bleiben und mehr ökologische Nachhaltigkeit erreicht werden.
Die resistenten Weinreben des Trentino
Zu den im Trentino angebauten resistenten Weinreben gehören hauptsächlich fünf Sorten: Bronner, Johanniter, Muscaris, Solaris und Souvignier gris. Immer mehr Betriebe haben mit ihrem Anbau begonnen und erzielen zunehmend bessere Ergebnisse, nicht zuletzt dank der steigenden Aufmerksamkeit und Sensibilisierung für dieses Thema.
Die wichtigste dieser 5 Sorten ist Solaris mit 22 Hektar Anbaufläche und einer Produktion von circa 2.300 Doppelzentnern Trauben. Die Früchte reifen schnell und die weißen Trauben haben einen hohen Zuckergehalt. Der Wein hat ein fruchtiges Bukett, das gelegentlich an Ananas oder Haselnüsse erinnert, geschmacklich weist er eine gute harmonische und alkoholische Struktur auf.
Die zweithäufigste der resistenten, von einigen auch als tolerant definierten Rebsorten im Trentino ist der Johanniter. Diese weiße Sorte wurde 1968 von Johannes Zimmermann vom Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg aus einer Riesling-Kreuzung gezüchtet. Der Wein aus diesen Trauben hat eine zarte fruchtige Note und zeichnet sich durch Eindrücke von Grapefruit und ein angenehmes, intensives Bukett aus. Der Geschmack ist harmonisch, geradezu samtig und voll.
Die Kellereien und Weinbaubetriebe
Zu den Pionieren bei Anbau und Weinherstellung aus der Sorte Solaris im Trentino gehört das Weingut Pojer & Sandri. Mario Pojer und Fiorentino Sandri waren immer schon sehr fortschrittlich, auch wenn das bedeutet, nichts zu tun. Genau dieses Konzept steht hinter dem Namen ihres ersten Weins aus resistenten Reben. Ein traditioneller Wein mit NULL (ital. ZERO) chemischer Einwirkung, weder auf der Anbaufläche noch in der Kellerei. Das Resultat aus achtzig Jahren Forschung, neununddreißig Jahren Weinlesen und Experimenten in der Kellerei in Faedo zwischen Valle dell’Adige und Valle di Cembra ist vollkommene Reinheit: die Früchte der Rebe werden ohne irgendeinen Zusatz in Wein umgewandelt.
Die Cantina Sociale di Trento hingegen hat eine spezielle Produktlinie konzipiert, die bei der Auswahl besonders resistenter Reben ansetzt. Auch dank der idealen klimatischen Anbaubedingungen kann der Wein aus Trauben hergestellt werden, die keinerlei Pflanzenschutzbehandlung erhalten.
Eine Realität gewordene Utopie, die – nach einem realen Bergort mit intakt gebliebener Natur benannt – den Namen Santacolomba erhielt. Diese Produktlinie umfasst zwei Weine, Santacolomba und Santacolomba Brut Nature. Beide sind aus den Traubensorten Solaris, Bronner und Johanniter hergestellt. Und dies sind nur einige aus einer Vielzahl von Weinen aus resistenten Reben, die Sie in den Kellereien des Trentino finden können.
Zum Vorteil von Gästen und Einheimischen nutzen die Kellereien zunehmend agronomische und önologische Verfahren, die umweltverträglich und nachhaltig sind.